Eine immer wieder geführte Diskussion ist die Frage nach der Art der durchgeführten Kakulation:
Vollkosten oder Teilkostenrechnung?
Deshalb ein paar grundlegende Gedanken zu diesem sehr wichtigem Thema.
Sie werden sich vielleicht fragen, warum in der Deckungsspanne nur die Material- und Arbeitskosten berücksichtigt werden und Kosten für Miete, Verwaltung, Verkauf und sonstige Kosten nicht? Dies ist deshalb der Fall, weil wir hier mit bro:Tplus die Teilkostenrechnung betreiben. Wie der Name schon sagt, wird hier nur ein Teil der üblichen Kosten vom Netto-Verkaufspreis des Produkts abgezogen. Wir beschränken uns deshalb auf diese beiden Kosten (Arbeit und Material), weil diese sehr leicht und nahezu eindeutig auf ein einzelnes Produkt zurückgeführt werden können. Wir erhalten dadurch eine extrem hohe Genauigkeit und somit sehr exakte Daten.
Von der Teilkostenrechnung unterscheidet sich die Vollkostenrechnung dadurch, dass hier alle Kosten vom Produkt abgezogen werden. Das was dann übrig bleibt, ist der Gewinn je Produkt (meist wenige Cent).
Aber warum verwenden der Verband und seine Betriebberater dann nicht die Vollkostenrechnung? Wäre das nicht viel leichter?
Die Antwort:
Leichter wäre es bestimmt! Und früher hat man das auch oft gemacht. Die Vollkostenrechnung hat allerdings zwei gravierende Nachteile, der in seiner Wirkung so verheerend ist, dass es sich schlichtweg verbietet, weiterhin bei der Vollkostenrechnung zu bleiben.
Der erste Nachteil der Vollkostenrechnung:
Die Vollkostenrechnung ist immer falsch! Klar ist es schöner, wenn man auf einem Blatt Papier eine umfassende Kostentransparenz sieht, aber was nützt Ihnen dass, wenn diese Kalkulation voller Fehler steckt, was in der Praxis zu gravierenden Fehlentscheidungen aufgrund falscher Informationen führt. So mancher Betrieb hat schon lukrative Aufträge abgelehnt oder zu niedrige Verkaufspreise verlangt und bekam dadurch große Probleme bis hin zur Insolvenz. Woher kommen diese Fehler in der Vollkostenrechnung?
In einer Bäckerei werden die meisten Artikel in relativ großen Mengen hergestellt und verkauft. Bei der Vollkostenrechnung werden ja alle Kosten je Produkt kalkuliert und von Netto-Verkaufspreis abgezogen. Der Knackpunkt ist dabei, dass nicht jede Kostenart leicht auf ein einzelnes Produkt umgerechnet werden kann, dass aber selbst kleinste Ungenauigkeiten eine große Wirkung haben, da man diese auf die gesamte Jahresmenge sehen muss. Wenn Sie sich um 2 Cent bei einem Brötchen vertun, dann kann dies bei einer Jahresmenge von 1 Mio. Stück eine Gewinnveränderung von 20.000 Euro bedeuten! Und das nur bei einem Produkt. Stellen Sie sich das mal für alle Ihre Produkte vor.
Wie soll man aber den exakten Anteil der Ladenmiete für einen einzelnes Brötchen bestimmen? Wie viel von der Feuerversicherungsprämie für die Backstube hat ein einzelner Kuchen zu bezahlen? Wie viel Verwaltungsaufwand steckt in einem Roggenmischbrot? All diese Fragen lassen sich nicht genau beantworten. Man kann es nur schätzen und hierbei entstehen die Fehler.
Aber gleichen sich diese Fehler nicht irgendwie aus? Dass wäre natürlich schön: Hier etwas zu viel, dafür woanders etwas zu wenig kalkuliert, aber unterm Strich gleicht sich das wieder aus… Leider funktioniert Kalkulation anders!
Dazu ein kleines Beispiel:
Denken Sie an Büchsenwerfen auf der Kirmes. Wenn sie einmal links, einmal rechts und einmal zu hoch werfen, dann hätten Sie theoretisch im Durchschnitt zwar alle Büchsen getroffen, aber in der Praxis würde die Büchsenpyramide immer noch unversehrt dastehen. Mit der Vollkostenrechnung ist es genauso. Sie kalkulieren fleißig dies und das, aber in der Praxis liegen Sie mit ihrem tatsächlichen Gewinn pro Artikel meilenweit vom kalkulierten Wert entfernt.
Der zweite Nachteil der Vollkostenrechnung:
Gerade dann, wenn Sie eine Bäckerei haben, die schwarze Zahlen schreibt, werden Sie zu falschen Entscheidungen verführt. Ab dem ersten Euro Jahresgewinn, dürften Sie eigentlich keine Miete mehr auf ein Produkt kalkulieren. Auch sämtliche andere Fix-Kosten (Strom, Verkaufspersonal, Fuhrpark, Abschreibungen etc.) sind bereits gedeckt. Dies führt dann z.B. zu einem Problem, wenn ein nahe gelegenes Krankenhaus bei Ihnen ein Angebot einholt, für die tägliche Lieferung von einigen hundert Brötchen. Ihre Vollkostenrechnung sagt Ihnen, dass Sie je Brötchen kosten von 24 Cent haben. Sie bieten also zu 26 Cent an. Das Krankenhaus will aber nur 15 Cent zahlen. Durch die Vollkostenrechnung würden Sie jetzt den Auftrag ablehnen, damit Sie nicht „draufzahlen“ müssten.
Die Teilkostenrechnung hingegen sagt Ihnen, dass Sie je Brötchen variable Kosten (Arbeit und Material) von 4 Cent haben. Se würden nun den Auftrag annehmen, weil Ihnen bei 15 Cent Netto-Verkaufspreis 11 Cent je Brötchen blieben.
Was ist nun richtig? Die Lösung ist betriebswirtschaftlich absolut eindeutig. Sie hätten den Auftrag unbedingt annehmen müssen! Ihnen wäre bei 100.000 Brötchen im Jahr und 11 Cent Deckungsbeitrag je Brötchen 10.100 Euro zusätzlicher Gewinn „flöten“ gegangen. Die Miete, der Fuhrpark, die Verkäuferinnen etc. wurden ja bereits durch die Verrechnung auf die bestehenden Produkte bezahlt. Die zusätzlichen Produkte hätten damit nicht mehr in der Kalkulation belastet werden dürfen!
Mal angenommen, Sie haben 2 Krankenhäusern, 1 Hotel, 1 Kaserne und 1 Altenheim einen „Korb“ gegeben, dann haben Sie sich jedes Jahr einen möglichen Gewinn in der Größenordnung eines Mercedes E-Klasse (oder jede andere Automarke auch) mit Sonderausstattung entgehen lassen!
Daraus folgt die folgende grundsätzliche Festlegung bei der Kalkulation:
Die Teilkostenrechnung ist nahezu exakt und reicht für eine Produktoptimierung völlig aus. Alle Betriebsberater der Landesverbände und auch die Akademie Deutsches Bäckerhandwerk setzen deshalb auf die Teilkostenrechnung in bro:Tplus.